Donnerstag, 25. Juni 2009

Nickerchen macht froh!

Die heutige Rheinpfalz berichtet mal wieder von der Notwendigkeit des Schlafens:

Kurze Schläfchen sensibilisieren das Gehirn für positive Emotionen und bauen gleichzeitig negative Empfindungen ab. Dies zeigt eine Studie der Universität von Kalifornien in Berkeley, die den Einfluss von Schlaf auf die Stimmung untersuchte. Dazu baten die Forscher 36 Männer und Frauen, verschiedene Emotionen in menschlichen Gesichtern einzustufen - wobei eine Hälfte der Teilnehmer zuvor 60 bis 90 Minuten schlief. Nach einem Nickerchen reagierten die Probanden empfänglicher auf fröhliche Gesichtsausdrücke. Ohne Schlaf achteten sie dagegen verstärkt auf negative Empfindungen wie Wut oder Angst. Dies zeige, wie wichtig Schlaf für das Zusammenleben der Menschen sei, so Studienleiter Ninad Gujare: "Soziale Interaktionen hängen davon ab, dass man emotionale Gesichtsausdrücke zuverlässig erkennt."

Mittwoch, 10. Juni 2009

Kurt Tucholsky - Das Ideal

Man verzeihe mir das erneute Einstellen eines Themas, was ich schonmal twitterte. Das Gedicht ist allerdings einfach zu schön und zu real, als dass es in Vergessenheit geraten darf. Es handelt sich um Das Ideal von Kurt Tucholsky. (Quelle)

Ja, das möchste:
Eine Villa im Grünen mit großer Terrasse,
vorn die Ostsee, hinten die Friedrichstraße;
mit schöner Aussicht, ländlich-mondän,
vom Badezimmer ist die Zugspitze zu sehn -
aber abends zum Kino hast dus nicht weit.

Das Ganze schlicht, voller Bescheidenheit:

Neun Zimmer - nein, doch lieber zehn!
Ein Dachgarten, wo die Eichen drauf stehn,
Radio, Zentralheizung, Vakuum,
eine Dienerschaft, gut gezogen und stumm,
eine süße Frau voller Rasse und Verve -
(und eine fürs Wochenend, zur Reserve) -
eine Bibliothek und drumherum
Einsamkeit und Hummelgesumm.

Im Stall: Zwei Ponies, vier Vollbluthengste,
acht Autos, Motorrad - alles lenkste
natürlich selber - das wär ja gelacht!
Und zwischendurch gehst du auf Hochwildjagd.

Ja, und das hab ich ganz vergessen:
Prima Küche - erstes Essen -
alte Weine aus schönem Pokal -
und egalweg bleibst du dünn wie ein Aal.
Und Geld. Und an Schmuck eine richtige Portion.
Und noch ne Million und noch ne Million.
Und Reisen. Und fröhliche Lebensbuntheit.
Und famose Kinder. Und ewige Gesundheit.

Ja, das möchste!

Aber, wie das so ist hienieden:
manchmal scheints so, als sei es beschieden
nur pöapö, das irdische Glück.
Immer fehlt dir irgendein Stück.
Hast du Geld, dann hast du nicht Käten;
hast du die Frau, dann fehl'n dir Moneten -
hast du die Geisha, dann stört dich der Fächer:
bald fehlt uns der Wein, bald fehlt uns der Becher.

Etwas ist immer.
Tröste dich.

Jedes Glück hat einen kleinen Stich.
Wir möchten so viel: Haben. Sein. Und gelten.
Dass einer alles hat:
das ist selten.

Mittwoch, 3. Juni 2009

Vom Lochen und Sieben

Johann König ist ein begnadeter Komiker und Dichter. Eines seiner genialsten Gedichte ist meiner Meinung nach folgendes:

Als ich ein kleiner Junge war,
war alles einfach wunderbar.
Ich saß im Sand mit meinem Sieb
und folgte meinem Forschertrieb.
Ich siebte und siebte und siebte,
weil ich das Sieben so liebte.

Später dann, vielleicht mit acht
hab ich anderes gemacht.
Ich hatte Locher und Papier
und wusste: Das genügte mir.
Ich lochte und lochte und lochte,
weil ich das Lochen so mochte.

Unter tausenden von Geschenken
war auch irgendwann das Denken.
Und da lag ich nächtelang
und hatte diesen bösen Zwang:
Ich dachte und dachte und dachte,
obwohl es mich wahnsinnig machte.

Heut versuch ich mich vom Denken
so gut wie möglich abzulenken.
Doch meistens klappt das überhaupt nicht,
und sogar das Reimen fällt mir schwer.
So schwer, so schwer, so schwer, so schwer.
Wenn doch das Reimen so nicht wär.

Ach wär doch alles geblieben
wie damals beim Lochen und Sieben.
Dann wär auf die Frage "Wo bist'n?"
heut die Antwort: "Im Heim für Autisten."